Gegensätze

Der Sturm bläst unsere Morla fast aus der Fahrbahn, Sand wirbelt durch die Luft und trübt die Sicht. Wir sind am Monument Valley angelangt. Die roten Felsen verschwinden im Dunst. Der nahe Campingplatz bietet uns ein wenig Schutz vor Wind und Wetter. Fenster und Türe müssen wir geschlossen halten, innert kürzester Zeit ist sonst alles mit feinem, rotem Staub bedeckt.

Am nächsten Morgen hat sich der Sturm gelegt, unsere Treppe ist vereist und die Dächer mit einer Schicht aus weissem «Puderzucker» bedeckt. Es hat geschneit! Die aufgehende Sonne lässt einen strahlenden Tag erahnen. Wir bezahlen die 20 Dollar Eintritt und tauchen ein in eine andere Welt. Die 17 Meilen Dirtroad durchs Monument Valley sind ein Vergnügen. Der schon fast unnatürlich blaue Himmel tut das seinige dazu. Die bizarren, roten Felsformationen leuchten so noch intensiver. Grasbüschel in den verschiedensten Grüntönen runden das Bild perfekt ab.

Weiter durch die Wüste, über Berge und durch die nächste Ebene. Auf einmal liegt der stahlblaue Lake Powell vor uns. Eigentlich wollen wir zum Glen Canyon, aber irgendwie haben wir den Abzweiger verpasst. So landen wir schlussendlich in Kanab. Ein Ort im Nirgendwo, aber anscheinend doch nicht so unscheinbar, wie wir bald feststellen müssen. «Little Hollywood» wird die Stadt auch genannt. Berühmte Westernfilme wurden hier in den Jahren von 1920-1950 gedreht. Überall sind Erinnerungstafeln der damaligen Schauspieler aufgestellt. Einige davon sind uns sogar noch bekannt.

Die Strecke bis Cameron ist sensationell schön. Nach der Überquerung des 2300 Meter hohen Passes liegt wieder eine weite Ebene vor uns. Zur rechten Seite das rote Vermilion Cliff, von der Sonne beleuchtet. Am Ende der Ebene passieren wir den Colorado River bei der Navajo Bridge. Kurz vor Cameron verwandelt sich die Landschaft in eine «Marsoberfläche». Endlos viele, bucklige Hügel in den verschiedensten Farben präsentieren sich uns.

Der Campingplatz bei der Traiding Post in Cameron ist sündhaft teuer und hat nicht mal eine Toilette. Aber es ist der Ausgangspunkt zum Grand Canyon.

Schon der erste Blick in den Grand Canyon ist überwältigend. Es ist unbeschreiblich, die endlose Grösse, die Farben, einfach nur genial! Nachdem wir alle Overlooks besichtigt haben, mieten wir einen Platz auf dem Camping. Ein schöner Ort in einem Lichten Wald. Zu Fuss spazieren wir nochmals zum Canyon um den faszinierenden Sonnenuntergang zu bewundern.

Der Canyon hat ein gigantisches Ausmass. Er ist 446 Kilometer lang und 29 Kilometer breit. 1,6 Kilometer geht er in die Tiefe. Der Colorado River erscheint von oben wie ein kleiner Fluss. Unglaublich, dass er in einer Zeit von sechs Millionen Jahren diesen Canyon geschaffen hat.

Am nächsten Tag nutzen wir das geniale Angebot eines gratis Shuttles. Ein grosses Stück wandern wir am Rande des Canyons entlang. Der Bus bringt uns schlussendlich zum Westende des begehbaren Weges und wieder zurück zu unserem Standort.

Ein «Mule Deer» spaziert über den Platz, ein Reh, so gross wie ein Pferd, muss man sich mal vorstellen…

Kingman? Muss man diese Stadt kennen? Ja, man muss! The Heart of Route 66! Staubig, öde und heiss. Wir sind in der Mojave Wüste, in der alten Goldgräberstadt Kingman. Von hier aus geht’s über den Hoover Damm weiter nach Las Vegas. Die 221,5 Meter hohe Staumauer wurde 1935 gebaut, staut den Colorado River und ist die Grenze zwischen Nevada und Arizona.

Die Winterkleider sind bereits wieder verstaut. Heisse 30 Grad erwarten uns auch in Las Vegas. Es kostet uns schon einige Zeit bis wir den RV Park beim Circus Circus gefunden haben. Dann aber verschaffen wir uns einen ersten Eindruck der verrückten Stadt mit einem Spaziergang durch den schier endlosen «Strip». 4,6 Kilometer lang ist die Vergnügungsmeile. Ein Hotel nach dem andern. Jeder dieser Komplexe hat ein anderes Thema verwirklicht. Selbstverständlich ist auch jedes Hotel mit einem Casino und einer Shoppingmall ausgestattet. Venedig ist unser absoluter Favorit. Der Canale Grande, mit seinen Brücken und den singenden Gondolieren ist einfach überwältigend. Die Decke ist ein riesiger Himmel und man ist sich tatsächlich nicht mehr sicher, ob man nun drinnen oder draussen ist. Aber auch die anderen Hotelanlagen sind gigantisch. Unvorstellbar wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat.

Schlussendlich haben wir aber nach zwei Tagen genug von all dem ohrenbetäubenden Lärm, dem «Abriss» (ein Bier kostet 8 Dollar…), den Geruchsmanipulationen in jedem Gebäude (überall riecht es irgendwie nach «mach mal Party») und dem Spritzenentsorgungskasten in der Toilette, unglaublich!

Unser Verlangen nach Natur und Ruhe können wir bald stillen. Kaum aus Las Vegas raus, sind wir auch schon wieder mitten in der Wüste. Nach dem Ödland sind die ersten Joshua Trees zu sehen. Eine Art Yukkapalme, aber in Form von einem, bis zu 10 Meter hohen Baum. Je weiter wir fahren, desto mehr dieser Bäume sind zu sehen, bis die ganze Ebene von einem lichten Wald bedeckt ist. Den gegoogelten Campground in Kelso gibt es nicht, also müssen wir zurückfahren um auf dem Campground des Mojave National Preserve Parks zu übernachten. Ein paar Meilen über eine ungeteerte Piste fordern ein erstes Mal die Offroadqualitäten von Morla und geben uns einen Eindruck, wie sich die noch vor uns liegenden Wellblechpisten anfühlen werden. Die Strasse bringt uns schliesslich an einen Ort in völliger Abgeschiedenheit. Ein Waldbrand hat die Landschaft in eine surreale Gegend verwandelt. Die blanken, abgestorbenen Bäume wirken bizarr und laden geradezu zum fotografieren ein.

Krasser könnte der Gegensatz zu Las Vegas nicht sein!

Bevor wir uns ins Getümmel der Westküste stürzen, noch ein Abstecher in Devils Playground, das sind Sanddünen mitten in der Mojave Wüste (klein Teufelchen kann sich da so richtig ausleben, siehe Foto!). Danach eine Spritztour durch den Joshua Tree Nationalpark. Leider ist das Wochenende nicht sehr geeignet um ungestört die Natur zu geniessen. In Scharen wandern die Menschen in den Park. Macht nichts, denn die Formationen von Granitblöcken haben wir schon in Prescott bestaunt. Joshua Tree’s schon im Mojave National Preserve zu tausenden gesehen. Schön ist der Park jedoch alleweil.

Nun ist die Westküste nur noch ein Katzensprung entfernt, wir sind gespannt was sie uns alles bescheren wird…

 

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