Ungarn, Slowakei, Polen

Am ungarischen Zoll reihen wir uns wieder einmal in die Warteschlange ein. Es geht sehr langsam vorwärts, die Ungaren scheinen die Fahrzeuge sehr genau zu prüfen. Da Ungarn ein sehr flaches Land ist und die Sonne scheint, ist es sehr heiss.

Ein Herr kommt auf uns zu und macht darauf aufmerksam, dass irgendetwas bei unserem Auto unten raushängt. Das Etwas stellt sich als den Keilriemen der Klimaanlage heraus. In unserer Morla herrscht eine brütende Hitze und die Warteschlange steht still. 20 Minuten, 30 Minuten, es scheint ein unlösbares Problem zu geben. Nach dreiviertel Stunden lassen die Zollbeamten dann endlich das Problemfahrzeug zur Seite fahren und nach gut 1 ½ Stunden können wir endlich die Grenze passieren.

Die erwartete Geldwechselstube, welche es bis anhin in jedem Land gegeben hat, finden wir hier nicht vor. Das heisst für uns, wir sind nun nur noch im Besitz von rumänischen Lei, was uns nicht hindert, einen Campingplatz anzusteuern. Unser Navi führt uns wieder einmal durch Feldwege bis wir irgendwo umkehren, die Strassen in Ungarn sind auch so schon schlecht genug. Glücklicherweise hat es sehr wenig Verkehr und man kann in der Mitte der knapp zweispurigen Strasse fahren. So umgehen wir wenigstens die grössten Löcher. Dank der langen Wartezeit kommen wir erst um 19.00 Uhr am Ziel an. Die Besitzerin spricht englisch und ihr Partner Französisch, eher eine Seltenheit hier. Doch das löst unser Geldproblem nicht, denn immer noch besitzen wir kein ungarisches Geld, was wir der Besitzerin nun erklären. Wie es der Zufall will, war sie erst vor kurzer Zeit in Zürich und wir können in Schweizer Franken bezahlen, das muss einem auch mal erst passieren?!

Mit offenen Fenstern geht es der Slowakei entgegen. Per Internet lösen wir die benötigte elektronische Vignette und befinden uns schon sehr bald in Košice. Ein Halt bei einem Einkaufscenter lässt uns erkennen, dass wir uns in einer anderen Welt befinden. Die Shoppingmall bietet alles was man sich vorstellen kann und was wir seit Italien nicht mehr zu Gesicht bekommen haben. Schon fast entsetzt stelle ich fest, dass man hier NAGELLACK kaufen kann… wir sind wieder im Norden von Europa angekommen, auch die Preise sagen uns das sehr schnell.

Es hat auch seine guten Seiten, denn auf dem Camping können wir wieder einmal waschen!

Kaum liegen wir am Abend im Bett, beginnt ein gewaltiges Gewitter. Es regnet, wie wenn man abertausende von Wasserhähnen gleichzeitig voll aufdrehen würde. Da bemerkt mein Schatz, dass das Fenster bei den Füssen über dem Bett nicht mehr dicht ist. Nein, es kommt nicht ein wenig Wasser rein, zwei Badetücher sind nach dem Gewitter tropfnass! Um 01.30 Uhr hört es dann endlich auf zu regnen und wir können, mit einem weiteren Defekt, endlich schlafen. Als wir am Morgen die Bescherung ansehen, stellen wir fest, dass die Kittfuge am zerbröseln ist – und nicht nur an diesem einen Fenster! Also gibt es ein Reparaturtag. Zuerst in der Iveco Werkstatt einen neuen Keilriemen einbauen lassen, danach zu Hornbach um Kitt zu kaufen. Alles erledigt, können wir anderntags Košice besichtigen. Die interessanten Gebäude sind alle auf einer prächtigen, breiten Strasse zu finden, dem grössten, denkmalgeschützten Stadtbereich der Slowakei an dem am Ende der Elisabet-Dom zu sehen ist mit dem singenden Springbrunnen davor.

Und schon liegt auch die Slowakei hinter uns. In Polen müssen wir uns erst einmal um die benötigte „Viabox“ kümmern, welche wir dann sehr unkompliziert an einer Tankstelle mieten können. So sind wir nun auch auf Polens Strassen zugelassen und suchen den stadtnahen Camping bei Tarnów auf. Der Spaziergang in die Altstadt, einer über mehrere Jahrhunderte private Stadt, welche jeweils einem Fürsten gehörte, ist mit zahlreichen, gut gepflegten, alten Bürgerhäusern bestückt. Weiter sind eine Kathedrale und ein prächtiges Rathaus aus dem 16. Jahrhundert zu bewundern.

Im 2. Weltkrieg war die Stadt von Deutschland besetzt und ein Sammellager für Juden welche im sogenannten „Ghetto“ einquartiert und in die verschiedenen Vernichtungslager abtransportiert wurden. Zwei Jahre vor dem Ende des Krieges wurde das Lager liquidiert, kurz bevor die Stadt von der „roten Armee“ befreit wurde.

Sandomierz, eine mittelalterliche Stadt an der Weichsel, ist unser nächstes Ziel. Der Ort scheint ein beliebtes Ausflugsziel für Schulklassen zu sein, denn auf dem beeindruckenden Rathausplatz kämpfen Lehrkräfte darum, all ihre Schäfchen beisammen zu behalten. Ein kleiner Souvenirmarkt lädt zum flanieren ein. Überall verkaufen die Anbieter gestreifte Steine. Leider sprechen alle nur Polnisch, was es unmöglich macht herauszufinden um welchen Stein es sich hier handelt. Ich erhalte jedoch einen Prospekt, welcher mir ermöglicht nachzuforschen. Dabei finde ich heraus, dass es ein gestreifter Feuerstein ist, eine Rekristallisation des Opals und dass es dies nur gerade in dieser Region zu finden gibt. Seiner Seltenheit wegen wurde er in früheren Zeiten für den Schmuck der Adeligen genutzt.

Ganz per Zufall bringt uns der Weg nach Kazimierz. Ein kleiner Ort mit ebenfalls alten Bürgerhäusern aus Kalkstein, reich verziert aus dem Jahre 1650. Auf dem Dorfplatz wird gerade eine Filmszene gedreht. In einer Bäckerei erstehen wir das Wahrzeichen des Ortes, einen gebackenen Hahn aus Zopfteig!

Die Fahrt entlang der weissrussischen Grenze führt durch Heidelandschaft. Im „Wigierski“ Park stehen wir auf einer kleinen Anhöhe, welche uns einen genialen Ausblick auf die Seenlandschaft bietet. Es herrscht totale Ruhe hier, nur das Gezwitscher der Vögel und das Summen der Insekten ist zu hören. Auf dem Platz stehen Thurgauer. Wie sich wenig später herausstellt, sind es dieselben Leute, welche wir Monate zuvor schon in Portugal kurz angetroffen haben, nämlich die Eltern von „Brechs“, deren Reisen wir jeweils im Internet verfolgen da sie ebenfalls einen Bremach fahren. Die sich ergebenden Zufälle sind schon immer wieder unglaublich…

 

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