Westpeloponnes

Um halb fünf Uhr in der Frühe werden wir von einer Lautsprecherdurchsage geweckt. Wir sind in Igoumenitsa.  Ein Zwischenstopp für uns. Da an Weiterschlafen nicht mehr zu denken ist, sehe ich mir auf Deck die 67 Sattelschlepper an, welche sich langsam von Bord begeben. Um 13.00 Uhr fahren wir pünktlich in den Hafen von Patras ein.

Nachdem unser Navi endlich die Hauptstrasse gefunden hat, sind wir nach kurzer Zeit auf einem sonnigen Campingplatz. Die Zitrusbäume hängen voll von reifen Früchten. Gleichzeitig verströmen die aufgehenden Blüten einen herrlich süssen Duft. Der Spaziergang ans nahe Meer zeigt uns aber dann ein trauriges Bild. Der wohl einst schöne Steinstrand ist voll mit Abfall und dem Untergang gewidmeten Sonnenschirmen. Die Gebäude sind von Wind und Wetter gezeichnet und nicht mehr bewohnbar.

Die Regenzeit beginnt. In Kalamata, am Melissa Beach, welcher eigentlich ausgedehnte Spaziergänge zuliesse, planen wir die weitere Route, lernen das griechische Alphabet und nutzen die wenigen Sonnenstrahlen, um unser Vitamin D aufzutanken.

Zeus scheint uns wohl gesinnt, denn in Olympia können wir uns, ohne nass zu werden, die alten Anlagen ansehen, wie den im 11. Jh. vor Chr. erbauten Zeustempel und das Stadion, in welchem zu Beginn des 7. Jh. vor Chr. die ersten olympischen Spiele ausgetragen wurden. Im Jahre 426 n. Chr. liess Kaiser Theodosius II. diese Spiele verbieten. Er glaubte, so das Heidentum bekämpfen zu können. Man weiss jedoch, dass die Wettkämpfe bis ins 6. Jahrhundert hinein heimlich ausgetragen wurden. 551 zerstörte dann ein gewaltiges Erdbeben die gesamten Anlagen. Eine immense Überschwemmung begrub kurz danach die gesamte Kultstätte mit Schlamm und Geröll. Da zur gleichen Zeit auch noch die Pest ausbrach, wurde Olympia aufgegeben und erst um 1766 wiederentdeckt. 1884 begann man, die bis zu 5 Meter dicke Sandschicht abzutragen und die alten Steine wurden freigelegt.

Interessant sind auch die Regeln der damaligen Spiele. Das Stadion war 213 Meter lang und 32 Meter breit. Die Graswälle rund herum fassten 45‘000 Zuschauer. Doch nicht jedermann wurde als solcher zugelassen. Nur freien Männern und unverheirateten Frauen wurde der Einlass gewährt. Als Teilnehmer an den Spielen waren nur freie Männer mit einwandfreiem Leumund zugelassen. Gewinnen konnte man als Frau allerdings trotzdem, denn bei Reit- und Springwettbewerben gewann das Pferd der Sieger. Gehörte dies einer Frau, so wurde sie als Siegerin geehrt.

Die Himmelsschleuse öffnet sich als wir uns die einstige Pracht im archäologischen Museum ansehen.

Nach einem typisch griechischen Essen suchen wir uns einen Platz zum Übernachten. Der angesteuerte Camping ist zwar geöffnet, aber auf Gäste scheint er nicht eingestellt zu sein. Alle Türen des Waschraumes sind ausgehängt uns stehen zum Streichen bereit. So ist die fast Freiluftdusche nun zu einer ganz Freiluftdusche geworden. Warmes Wasser gibt es nur bei Sonnenschein (Solaranlage auf dem Dach).

Eigentlich müssten wir unbedingt mal einen Waschtag einlegen. Auf den Plätzen ist jedoch nirgendwo ein Trockner zu finden. Also müssen wir auf einen sonnigen Tag warten. Durch endlose Olivenhaine und blühende Mimosen Bäume geht unser Weg weiter. In der Nähe von Pylos fahren wir an einem Camping vorbei, welcher doch recht gesittet ausschaut. In Anbetracht unserer Situation halten wir an, suchen uns einen guten Platz aus und geniessen erst einmal eine warme Dusche. Tatsächlich scheint am nächsten Morgen die Sonne und wir starten unser Waschvorhaben. Man glaubt es kaum, aber kaum hängt unsere Wäsche am Seil, ziehen die ersten Wolken auf, welche natürlich immer dichter werden. Trotzdem schaffen wir es, den grössten Teil unserer frisch gewaschenen Kleidung trocken einzubringen. Den Rest können wir im Auto aufhängen. In Patras scheint eine Fähre angekommen zu sein, denn der fast leere Platz füllt sich zusehends. Lauter deutsche Autos welche anscheinend hier das Frühjahr zu verbringen scheinen. Zusehends wird auch das Internet schlechter und das, bis anhin warme Wasser immer kälter.

Auch in Finikounda ist das Wetter leider nicht viel besser. Doch im Moment ist es trocken und wir sehen uns den Strand an. Aus dem kurzen Blick aufs Meer wird ein längerer Marsch. Leider haben wir weder Schirm noch Regenjacke dabei. Ein Abwasserkanal zwingt uns auf die Strasse, welche nur querfeldein zu erreichen ist. Auf einem Campingplatz finden wir erst einmal einen Unterstand, denn natürlich hat es zu regnen begonnen. Das Gewitter scheint vorbei zu sein und wir nehmen den letzten Kilometer bis zum Ort unter die Füsse. Weit kommen wir jedoch nicht, denn schon beim Ortsschild werden wir wieder nass. Ein kleiner Dachvorsprung bietet uns den nötigen Unterstand. Nach einer halben Stunde haben wir die Nase voll und marschieren, trotz Regen, los. Wieder war uns Zeus gnädig, denn wir kommen relativ trocken zu Hause an.

Am nächsten Tag unternehmen wir nochmals einen Versuch das Dorf zu besuchen. Diesmal jedoch mit Regenschirm und -jacke bewaffnet. Es wirkt, denn die Sonne beginnt sich zu zeigen. In der kleinen Ortschaft ist nicht viel los. Die Touristensaison hat noch nicht begonnen. Viele Restaurants und Läden wird es wohl gar nie mehr geben, denn sie sind dem Zerfall gewidmet. In einem geöffneten Strassencafé stillen wir unseren Durst und geniessen die wärmende Sonne.

So hoffen wir nun auf besseres Wetter um uns den Süden und Osten des Peloponnes bei Sonnenschein ansehen zu können. 

Bella Italia

Schon vor unserem Start tropft Morla wieder einmal. Es scheint der Heizungskreislauf zu sein. Die langwierige Suche nach dem Leck brechen wir irgendwann erfolglos ab.

Die letzten Habseligkeiten werden eingepackt und wir starten wieder einmal ins Neuland. Unsere Fahrt führt über den San Bernardino ins Tessin nach Melano. Hier wollen wir die erste Nacht verbringen. Doch wir stehen beim Camping Paradiso vor verschlossenen Türen, obwohl das Internet diesen Platz als „geöffnet“ empfohlen hat. Nach einigem hin und her einigen wir uns mit dem Besitzer und können hier übernachten.

Ein kurzer Blick ins Innere unserer Morla verwirrt uns erneut. Die blaue Flüssigkeit ist in wirren Spritzern verteilt. Da wir keine Lust haben, diesem Problem jetzt auf die Spur zu kommen, ignorieren wir es und besuchen das kleine Tessiner Dorf. Erst am nächsten Morgen beginnen wir den gesamten Heizungskreislauf aufzuzeichnen. Doch an einigen Stellen erweist sich dies als unmöglich, hier kommt dann unsere logische Fantasie zum Zuge. Eigentlich hätten wir bei dieser Gelegenheit die undichte Stelle finden müssen. Dem ist jedoch nicht so. Also beschliessen wir, mindestens noch nach Bologna zu fahren und uns die Stadt anzusehen.

Einige Staus verlängern die Reise um dramatisch, doch spät abends haben wir unser Ziel doch noch erreicht. Mit dem Bus geht’s am nächsten Morgen in die Universitätsstadt Bologna. (zuvor ein kritischer Blick zum Behälter der Heizflüssigkeit beruhigt uns vorerst, denn sie ist noch auf dem gleichen Stand wie gestern) Die Geschichte der Stadt beginnt schon im 6. Jh. v. Chr. und die Etrusker nannten sie damals Felsina. Aber schon 88 v. Chr. erhielt sie, als Verkehrsknotenpunkt, den Namen Bononia. Kaiser Nero baute im 1. Jh. die völlig abgebrannte Stadt neu auf, sie boomte und zählte bald 30‘000 Einwohner. 1088 wurde der „Studio“ gegründet und so ist das heutige Bologna die älteste Universitätsstadt Europas. Ihr Wahrzeichen sind die beiden schrägen Türme Garisenda und Aasinelli. Letzterer war um 1300, mit seinen 94,5 Metern Höhe, lange das höchste Bauwerk in Europa. Einst ragten über 180 „Geschlechtstürme“ in der Stadt in die Lüfte. 1390 begann auch der Bau der Basilika San Petronio, heute die fünftgrösste gotische Kirche der Welt. Ursprünglich war sie als grösstes christliches Bauwerk geplant. Wegen finanzieller Schwierigkeiten wurde die Kirche jedoch bis heute nie vollendet. Bekannt ist Bologna auch wegen ihrer Arkaden, welche sich über 38 Kilometer durch die ganze Stadt erstrecken und geschaffen wurden um den Wohnraum zu vergrössern.

Flanieren, Sehenswürdigkeiten besuchen und das gute Essen geniessen sind die Haupttätigkeiten zu welchen Bologna auffordert. Letzteres wird von uns ausgiebig genutzt. So verpassen wir auch knapp den letzten Bus und müssen uns mit dem Taxi nach Hause chauffieren lassen.

Da unsere Heizung scheinbar eine Selbstheilung vollbracht hat, geht unsere Reise weiter nach Süden. Es wird immer wärmer und die Strassen immer schlechter.

Ja, das schöne Italien ist so, man besteigt das Flugzeug und wird, nach einer sanften Landung, mit dem Shuttle ins ****Hotel gebracht. Nach einem Begrüssungstrunk ein erster Spaziergang zum sauberen Hotelstrand was einem den nötigen Hunger fürs reich gedeckte Buffet verschafft. Der Hotelbus bringt einem, nach Wunsch, zu den sehenswerten Orten wo die Plätze sauber gewischt sind und sich die Strassenrestaurants von den besten Seiten zeigen. Nach ein bis zwei Wochen bringt einem dann der Shuttle wieder zum Flughafen, wo man braungebrannt nach Hause fliegt und vom „Bella Italia“ schwärmt.

Fährt man allerdings mit dem Camper nach Italien, so kann man folgendes erleben und sehen; auf der gebührenpflichtigen Autostrada werden praktisch alle Brücken saniert. Anscheinend hat das Drama von Genua seine positiven Auswirkungen. Doch was ist mit den vielen Brücken auf den nicht gebührenpflichtigen Strassen? Sie sind zum Teil in einem katastrophalen Zustand, wie auch die Strassen selbst. Dann wollen wir unseren Gastank füllen. Fast jede Tankstelle verkauft Gas. Dies wird jedoch nur an Autos abgegeben welche das Gas als Treibstoff nutzen. Warum? Das Gas ist vom Staat subventioniert und somit recht günstig. Der Verbrauch zum Kochen im Camper gilt als Missbrauch und der Tankwart wird von der Polizei bestraft, wenn er es für diesen Zweck abgibt.

Wir stellen uns auf einen Camping in Campomarino, direkt am Meer und geniessen das sonnige Wochenende. Beim Eingang stehen Abfallcontainer. Der Abfall soll getrennt gesammelt werden. Die Container quellen jedoch über von jeglichem Müll und wie wir erfahren, werden alle Container sowieso ins gleiche Müllauto geleert, wenn dann irgendwann einmal eines kommen sollte. Das erklärt wohl auch die Müllberge, welche an so manchen Stellen das Landschaftsbild verunstalten.

Wir fahren weiter und unsere nächste Mission ist ganz einfach, wir brauchen Diesel und natürlich immer noch Gas. Die erste Tankstelle, an der wir vorbeifahren, ist langsam am zerfallen. Die Zweite sieht zwar intakt aus, aber funktioniert nicht mehr. So geht es eine ganze Weile, auf teils sehr defekten Strassen, vorbei an unüblichen Müllhalden, weiter. Endlich finden wir eine geöffnete Tankstelle und wollen unseren leeren 150 Litertank füllen. Nach nicht ganz 20 Litern ist die Tanksäule leer, mehr Diesel ist wohl hier in nächster Zeit nicht mehr zu bekommen. Bei der nächsten intakten Tankstelle bekommen wir sogar unsere Gastank gefüllt, immer mit Blick zur Strasse ob nicht doch etwa die Polizei in der Nähe ist. Doch diese hat im Moment anderes zu tun, denn im Strassengraben neben der Tankstelle liegt ein Auto auf dem Dach. Zu Schaden scheint niemand gekommen zu sein, denn die Insassen stehen daneben und schauen sich das Desaster an. Nachdem unser Gastank nun voll ist bekommen wir doch hier für 100 Euro Diesel. Dies füllt zwar unsere Tank bei weitem nicht, reicht aber wieder für eine Weile. So erreichen wir, nach einer Odyssee mit unserem Navi, endlich die Ortschaft Bisceglie wo wir unsere wohlverdiente Abend- und Nachtruhe geniessen, um am nächsten Tag die letzten Kilometer nach Bari zurückzulegen. Die Wartezeit auf die Fähre verkürzen wir uns mit einem Besuch der höchst interessanten, verwinkelten Altstadt. Die engen Gassen schlängeln sich überall durch und wir haben schon nach kurzer Zeit die Orientierung völlig verloren. Schlussendlich bleibt uns nichts anderes übrig als immer in Richtung Meer zu gehen wo wir dann auch irgendwann landen. Allerdings mindestens einen Kilometer neben unserem Ausgangspunkt.

So sind wir nun auf der Fähre nach Griechenland und werden morgen in Patras ankommen.