Kanada, das Land des Regens

Das schöne Wetter hat uns verlassen, oder besser, wir haben das schöne Wetter verlassen müssen. Unsere sechs Monate USA sind nun hinter uns. Bisher konnten wir einfach der Wärme nachfahren. Das ist nun vorbei. Leider hat ganz Kanada genau in diesem Jahr so kalt und so viel Regen wie lange nicht mehr. Doch wie sagt man so schön, es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Also packen wir unsere warmen Sachen wieder aus, dazu noch eine Regenjacke, und los gehts.

Die wilde Pazifikküste ist bis zum Ende faszinierend. Wir passieren die Grenze. British Columbia liegt vor uns. Vancouver ist die nächste Stadt. Doch unser Ziel ist Vancouver Island. Kaum zu glauben, dass es keine Brücke dorthin gibt. Wir müssen zwei Stunden mit der Fähre fahren. Eine wunderbare Fahrt, zwischen vielen kleinen und grösseren Inseln hindurch. Leider regnet es auch jetzt und die Sicht ist nicht so grandios wie es hätte sein können. Schade!

Vancouver Island ist die grösste nordamerikanische Insel. Sie ist 450 km lang und 100 km breit und die Hauptstadt von British Columbia, Victoria, liegt auf der Insel. Diese Stadt wollen wir uns anschauen. Ein RV Park etwas ausserhalb der Stadt ist für die nächsten Tage unser Zuhause. Mit dem Bus fahren wir etwa 20 Minuten und schon stehen wir im Zentrum von Victoria. Nichts Besonderes, ein wenig flanieren, das Castle, eine der wenigen Sehenswürdigkeiten dieses Ortes, besichtigen und die Vorteile Kanadas geniessen. So gibt es hier wieder ein Kaffeehaus mit exzellentem Cappuccino und einer genialen Zitronentarte. Das geniessen wir so richtig ausgiebig.

Da wir in den USA ein Ehepaar kennen gelernt haben, welches in Nanoose Bay wohnt, ganz in der Nähe von Victoria, und netterweise eine Garage für den Service von Morla gesucht hat, verbringen wir vorerst die Ostertage im nahe gelegenen Rathtrevor Beach Park. Wie wir bald feststellen, ein beliebtes Ausflugsziel für die Feiertage. An Freitagabend ist kein einziger Platz mehr frei. Das Wetter zeigt sich von der guten Seite und so können wir den prächtigen, wilden Strand in vollen Zügen geniessen.

Besonders spannend macht das Schatzsuchen die Strandspaziergänge. Ein Brauch, der an Ostern hier gelebt wird. Künstler spenden kleine Glasskulpturen wie Seesterne, Seepferdchen und Ähnliches. Dies wird an den öffentlichen Stränden versteckt. So beginnt schon früh am Morgen die Jagd nach den Schätzen. Alt und Jung dreht jeden Stein um. Ist nichts gefunden, so ist doch alleine der Spaziergang interessant und erholsam. Schlussendlich kommen da und dort ein paar prächtige Muscheln mit nach Hause.

Für die Kinder ist das egg hunting aber spannender. Am Ostersonntag geht die Schokoladeneiersuche los. Bewaffnet mit einem Körbchen ziehen sie los und folgen den hilfreichen Tipps der Eltern.

Einen Schatz haben wir nicht gefunden, dafür ein paar richtig tolle Fotos der „blauen“ Landschaft geschossen. Die Stimmung am Meer ist gewaltig, das Licht lässt alles in einem kalten Blauton erscheinen und die Wolken geben dem Bild noch die dazugehörige Dramatik. Wir können uns kaum satt sehen an diesem Naturschauspiel. Zuweilen kommen wir uns vor als seien wir in der Antarktis.

Im Moment leben wir ohne einen Plan zu haben. Eigentlich würden wir gerne das regenreiche und kalte Wetter loswerden. Dies jedoch scheint sehr schwierig zu sein, denn ganz Kanada ertrinkt bald im Wasser.

Morla hat ihren Service hinter sich und ist gerüstet für den weiteren Weg. Leider ist das Wasserproblem nicht gelöst, jederzeit ist es möglich, dass unsere, provisorisch reparierte Windschutzscheibe wieder zu rinnen beginnt. Ja, damit müssen wir wohl nun einfach leben.

Leider sind auch die Nationalparks in den Rocky Mountains noch nicht zugänglich ohne Schnee und Minustemperaturen. Das diesjährige Wetter macht uns einen Strich durch die Planung.

So werden wir in nächster Zeit Vancouver und die weitere Umgebung erkunden und jeden Sonnenstrahl ausgiebig geniessen. Zum Beispiel Tofino, ein kleiner Ferienort an der Westküste von Vancouver Island, bietet uns solch einen Tag. Ein ausgiebiger Spaziergang ins Dorf, Native Art bewundern, Seafood essen und den wilden Strand entlang flanieren. Einfach genial!

 

Cable Car and Redwoods

Kalifornien, alle schwärmen immer davon. Wir fahren nach San Bernardino. Ein riesiges Verteilerzentrum von Amazon und sonstigen grossen Firmen. Der RV Park teuer und zu schmuddelig zum Duschen. Wir bleiben für einmal schmutzig, was aber das kleinere Übel ist.

Bei der Tankstelle, zwei Strassen weiter, plötzlich ein riesiges Polizeiaufgebot, die Feuerwehr folgt mit lautem Geheule.

Ein Tankstellenüberfall? Würde passen bei den vielen wunderlichen Gestalten auf der Strasse.

Die nächste Übernachtung an einer State Beach vermag den Preis vom Vortag sogar noch zu toppen. Die Duschen sind wohl seit einer Ewigkeit nicht mehr gereinigt worden und das Warmwasser ist noch extra zu bezahlen, wenn’s dann überhaupt funktioniert. Gewundert hat uns auch ein Zettel über dem Abwaschtrog «no dish washing» welches wir dann aber ignoriert haben. Hier hat wohl der Camp Host sein Arbeitspensum optimiert.

Es regnet und wir fahren den Highway 1. Nach einer halben Stunde Fahrt ein Schild das uns darauf hinweist, dass die Strasse in zwei Meilen geschlossen ist. Also alles wieder zurückfahren, was uns am Ende 70 Kilometer Umweg beschert.

Nach einer Übernachtung in Salinas / Monterey kommen wir in San Francisco an. Auch hier ist unser Standplatz nicht so cool. Siebzig Dollar die Nacht, kein WLAN und die Toiletten werden um 22 Uhr abgeschlossen. Wir sind soweit, dass wir Kalifornien definitiv nicht so toll finden.

Aber nun genug gejammert! Wir fahren mit dem Zug nach San Francisco. Eingepackt in Regenjacke und -hose, bewaffnet mit einem grossen Schirm, kann uns das garstige Wetter nichts mehr anhaben.

Wir starten beim Union Square, finden über Umwege Chinatown, und landen schliesslich an der Fishermans Wharf mit dem berühmten Pier 39. Die Seelöwen hier schätzen die immer wieder einsetzenden Regengüsse bestimmt mehr als wir. Natürlich essen wir auch eine Chowder im Sauerteigbrot (die absolute Spezialität von hier, eine Muschelsuppe, die man definitiv nicht mehr als einmal zu essen braucht…). Schlussendlich beenden wir den Tag doch noch versöhnlich und ohne Regen mit einer Fahrt mit dem Cable Car, was das absolute Highlight vom Tag wird.

Am nächsten Tag regnet es nicht mehr und schon sieht San Francisco viel freundlicher aus. Leben herrscht in den Strassen. Marktstände, Musikanten und Strassenkünstler beleben die Stadt. Gemütlich spazieren wir durch die Strassen bis zum Hafen. Beim Pier 1 ist ein grosser Markt aufgebaut. Vor einem Stand steht eine lange Schlange die auf ihr Essen wartet. Wir stellen uns ebenfalls an. Und das Warten lohnt sich. Wir ergattern das letzte Sandwich mit gegrilltem Lachs. Das beste Sandwich aller Zeiten!!

Als wir beim letzten Pier ankommen ist es schon fast Abend. Heute müssen wir uns anstellen um mit dem Cable Car zu fahren. Der Cable Car ist übrigens ein Tram welches von einem Kabel in einer Schiene gezogen wird. Es scheint sehr schwierig zu sein dieses Fahrzeug zu fahren. Auf jeden Fall ein Erlebnis für uns. Von Hand muss das Tram als erstes auf einer Drehscheibe in die richtige Fahrtrichtung gebracht werden. Dies alleine dauert schon etwa so 10 Minuten. Die Fahrgäste können nun einsteigen. Weitere 10 Minuten dauert es mindestens bis nun alle ihr Ticket haben. Dann geht’s los bis zur ersten Abfahrt. (Man muss wissen, dass San Francisco auf diversen Hügeln gebaut ist und es immer bergauf und bergab geht) Das Kabel muss ausgehängt werden und die Bremse wird, ebenfalls von Hand, aktiviert. Es darf kein Auto und kein Fussgänger im Weg stehen, wenn das Tram losfährt. Der Bremser rennt mit einem Stoppschild auf die Strasse, stoppt den Verkehr mit lautem Geschrei, dann kann’s losgehen. Eine Fahrt bei der es einem niemals langweilig wird.

Über die Golden Gate Bridge verlassen wir am nächsten Tag San Francisco. Die legendäre Hängebrücke wurde 1933-37 gebaut, ist 2,737 Meter lang, 27 Meter breit und hat eine Höhe von 227 Metern.

Und wieder beginnt es zu regnen. Die Fahrt durch das hügelige Kalifornien ist eher trostlos.

Die ersten Redwoods sind zu sehen. Gigantische Riesen von Tannen. Völlig fasziniert spazieren wir einen Trail durch den Märchenwald. Der grösste bekannte Baum ist 115,6 Meter hoch. Der höchste Baum überhaupt auf der Erde. Bis zu 7 Meter Durchmesser können die Giganten erreichen. Der älteste, bis heute bekannte Küstenmammutbaum zählt 2200 Jahresringe. Ihren Namen haben die Bäume, weil sich unter der 30 cm dicken Rinde rotes, sehr hartes Holz befindet. Eines der wertvollsten Hölzer.

Wir treffen eine Bananenschnecke, nichts Besonderes, aber halt eine bananengelbe Schnecke, smile.

Heute ist der 27. März, Malou, unsere Enkeltochter ist zur Welt gekommen. Da kommt doch ein kleines bisschen Heimweh auf wenn man die Fotos des kleinen Würmchens sieht.

Da der Highway 1 geschlossen ist, fahren wir den 101. Aber auch dieser ist oft nur einspurig befahrbar. Der viele Regen der letzten Zeit hat teilweise einfach die Strassen weggespült oder Erdrutsche haben sie verschüttet. Die Bilder die wir beim Durchfahren sehen wirken beängstigend.

Wir haben Glück, 3 Tage ohne Regen in denen wir die alten Wälder geniessen können. Einmal mit fotografieren, auch wenn man die Grösse und Schönheit der Bäume nicht einfangen kann, einmal mit Wandern oder einfach mit unserer Morla die Naturstrasse durch den Wald fahren. Manchmal stehen die Bäume so dicht an der Strasse, dass sich unsere Morla nur knapp durchzwängen kann.

Entlang der rauen Pazifikküste geht’s nun in grossen Schritten nordwärts. Bald ist unser USA Visum abgelaufen und wir müssen das Land verlassen.